Grundlagenforschung untersucht Objekte, Verhaltensmechanismen, Grundstrukturen oder Funktionszusammenhänge und liefert elementare wissenschaftliche Erkenntnisse über Mensch, Natur und System. Sie wird vom reinen Erkenntnisinteresse geleitet und zielt darauf, allgemein gültige Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten aufzuspüren. Grundlagenforschung bildet die Basis für die gesamt Forschungskette über die anwendungsorientierte Grundlagenforschung bis hin zur Entwicklung konkreter Anwendungen.
Auf diese Weise legt die Grundlagenforschung letztlich die Grundlage für jegliche Innovation.
Da Grundlagenforschung selbst kein wirtschaftliches Interesse verfolgt ist sie auf öffentliche Förderung angewiesen.
Grundlagenforschung kann einen substantiellen Beitrag leisten zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.
Mehr noch: Ein grundlegendes Verständnis der Natur und des naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns sind unabdingbare Voraussetzungen daür, Lösungen für die globalen Herausforderungen zu finden, die nachvollziehbar, angemessen und effektiv dem Gemeinwohl dienend zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Die Vereinten Nationen haben daher das Jahr 2022/2023 zum "Internationalen Jahr der Grundlagenforschung für nachhaltige Entwicklung" ausgerufen. - Zu Recht, wie wir finden.
Dennoch muss sich die Grundlagenforschung häufig der Kritik erwehren: Warum sollte der Steuerzahler, Forschung fördern, die die Neugier der Wissenschaftler befriedigt, bei der aber kein Nutzen absehbar ist? Im Bereich der biowissenschaftlichen Forschung kommen weitere Fragen hinzu: Warum sollten im Bereich der biomedizinischen Grundlagenforschung Tierversuche genehmigt werden? Wozu überhaupt gentechnische Grundlagenforschung an Pflanzen (inkl. Genome Editing), wenn die spätere Anwendung (Freisetzung) nicht erwünscht bzw. strikt reguliert ist?
Der Mythos, Grundlagenforschung sei nutzlos wurde schon in den 1970er-Jahren in einer Studie entkräftet, die systematisch den Zusammenhang untersucht hat zwischen Grundlagenforschung auf der einen und den zehn bedeutendsten medizinischen Entwicklungen zur Behandlung von Herz- und Lungenerkrankungen auf der anderen Seite (zum Beispiel Operation am offenen Herzen, Bypass oder Entdeckung der Elektrizität). Berücksichtigt wurden über 2.500 wissenschaftliche Arbeiten, die den genannten Therapien zugrunde lagen - 61,5 Prozent davon waren der Grundlagenforschung zuzuordnen.
Im Jahre 2015 belegte eine Studie zu zwei neu neuartigen Medikamenten die Bedeutung der Grundlagenforschung. Die Entwicklung der Medikamente basierte nachweisbar auf den grundlegenden Forschungsergebnissen aus 433 Publikationen von 15 Wissenschaftlern über 46 Jahre (Krebsmedikament Ipilimumab) bzw. 355 Publikationen von 33 Wissenschaftlern über 47 Jahre (Mukoviszidosemedikament Ivacaftor)
Der VBIO hat im August 2019 ein Positionspapier zur biowissenschaftlichen Grundlagenforschung vogelegt. Nach Ansicht des Biologenverbandes bedarf es eines besseren Verständnisses für den speziellen Charakter von Grundlagenforschung. Kurze Zyklen von Drittmittelprojekten widersprechen dem Charakter der Grundlagenforschung ebenso wie kurzfristige förderpolitische Trends. Grundlagenforschung braucht mehr Wertschätzung, eine wirksame und längerfristige Finanzierung und die strukturelle Absicherung der dort Beschäftigten. Auch die begleitende Wissenschaftskommunikation muss nach Ansicht des VBIO ausgebaut werden.
Die Forderungen des VBIO im Einzelnen:
Forschungsförderer, Hochschulen sowie die Entscheidungsträger in der Politik sollten auf Bundes- sowie auf Landesebene zusätzliche finanzielle Mittel für Outreach-Programme bereitstellen, die den Charakter und die Bedeutung von Grundlagenforschung für die Öffentlichkeit transparent und verständlich machen